Erbarmungslos knallt die glühende Juli-Sonne vom wolkenlosen Himmel auf den Anlegesteg. Das kleine Thermometer an der weiß-blauen Wellblechhütte, an der wir unsere Tickets lösen, zeigt 36° Celsius. Der Metallsteg schwappt bedächtig im Plätschern der Donau. Auf dem kleinen Passagierschiff finden wir am Oberdeck einen herrlichen, schattigen Platz. Der Vormittag im eintönigen Betongrau der industriell geprägten Hafenstadt war – dank der sommerlichen Hitze – nahezu unerträglich. Nun, als nach dem Ablegen der Fähre sanfte Wellen an den Bug platschen und uns der Fahrtwind um die Nase säuselt, ist die drückende Hitze schnell vergessen.
Aufgebrochen sind wir in der rumänischen Hafenstadt Tulcea und sind nun mit dem Schiff der Fährgesellschaft Navrom unterwegs stets Richtung Osten. Inzwischen sind wir in den Sulina-Arm des Donaudeltas eingebogen. Der Sulina-Arm bildet mit zwei weiteren größeren Wasserwegen das Donaudelta. Dazwischen ziehen sich ein dichtes Wirrwarr unzähliger Fliese, Flüsse, Kanäle und Seen. Unser Ziel, das kleine Dorf Crișan, liegt mitten im Biosphärenreservat Donaudelta und ist ausschließlich auf dem Wasserweg erreichbar. Am späten Nachmittag, als wir in Crișan ankommen, treffen wir Petre. Er ist im Delta aufgewachsen, Ornithologe und betreibt hier im Ort eine kleine Pension. Crișan ist eine überschaubare Gemeinde, rund 500 Einwohner zählt das am Ufer des Sulina-Arms gelegene, lang gestreckte Dorf. Den Abend genießen wir am Bootsanleger der Pension, lassen den Blick über das Donaudelta, den regen Schiffsverkehr und das plätschernde Wasser schweifen.
Der nächste Tag startet früh am Morgen. Der wolkenlose Himmel verspricht einen weiteren heißen Sommertag. Ideal also, um im kühlen Nass der Donau etwas Abkühlung zu finden. Wir verstauen unser Gepäck und Proviant in dem kleinen Kanadier und paddeln los.
Während die Strömung und Schifffahrt auf dem Surinam-Kanal uns zunächst noch stark beschäftigt, wird es sofort ruhiger, als wir in einen kleinen Nebenarm einbiegen. Wir paddeln durch die flache Landschaft entlang meterhoher Weiden und Pappeln. Das Donaudelta ist Europas größte Sumpflandschaft. Immer wieder begleiten uns Kraniche am Uferrand und Enten kreuzen unseren Weg.
Leise und stetig plätschert das Wasser gegen den Rumpf unseres Kajaks. Wir schippern weiter tiefer hinein in die immer enger werdenden Arme der Donau. Die mächtigen Schilfinseln formen einen engen Durchlass – fast berühren unsere Paddel schon den dichten Schilfbewuchs. Plötzlich öffnet sich das kleine Fließ und wir durchqueren einen schier unendlichen See.
Gegen Mittag legen wir an einer kleinen Ausbuchtung, zwischen alten, hochgewachsenen Pappeln, an und vertäuen unser Boot. Im angenehmen Schatten breiten wir eine Decke aus. Schnell gleicht unser Mittagsplatz einem ausgiebigen, rumänischem Buffet – Petre hat für uns reichlich eingepackt: Tomatensalat, panierte Zucchini, jede Menge geräucherte Würste, Auberginensalat und den rumänischen Schafskäse Telemea. Das Schattenspiel der Pappeln tanz auf unserer karierten Picknick-Decke, ein sanfter Wind raschelt durch den Schilfbewuchs und über uns kreist ein Schwarm Pelikane.
Am Nachmittag geht es dann weiter durch das Delta. Durch kleine Seitenarme, versteckte Flüsschen und große Seen kreuz und quer durch das Delta. Neben uns quaken Frösche auf riesigen Seerosenblättern, Enten und Schwäne ziehen vor dem Kanadier ihre Kreise, am Ufer sitzen zwei Pelikane in der Sonne und eine Vielzahl von Reihern, Möwen und Kormoranen flattern durch die Lüfte. Entspannt, völlig im Einklang mit der Natur und den langsamen, rhythmischen Schlägen unserer Paddel erreichen wir dann gegen Abend wieder den fast schon turbulenten Sulina-Arm und bald auch den Bootsanleger von Petre in Crișan.