Das kräftige Rot schimmert unter dem blauen Himmel. Daneben liegt ein Brocken in sattem Ocker. Die Landschaft rund um das Bergwerk von Falun sieht aus wie aus einem Farbenkasten. Wir stehen quasi mittendrin in dem Herz der schwedischen Nationalfarbe. Aber der Reihe nach …
Wir sind unterwegs auf der Berglagsdiagonalen, einer pittoresken Reiseroute durch das Herz Schwedens. Seit Tagen scheint unser Bulli unermüdlich durch einen nahezu unendlichen Wald zu schaukeln zu sein. Nur hin und wieder macht der Dichte Baumbewuchs Platz für einen kleinen See oder ein paar – selbstverständlich in klassischem Schwedenrot gestrichenen – Holzhäuschen. Immer wieder stoßen wir auch auf Spuren eines bedeutenden Wirtschaftszweiges: Seit vielen Jahrhunderten wurde in dieser Region Bergbau betrieben. Einige der Bergwerke sind heute noch aktiv, viele der etwa 7000 Bergwerke sind aber mittlerweile stillgelegt.
Einer der bedeutendsten Zeitzeugen des schwedischen Bergbaus liegt in der Kleinstadt Falun. Wir steuern mit unserem Bulli den kleinen Parkplatz am Rande der Grube an und tauchen ein in das Abenteuer Bergbau.
Die Geschichte des Bergwerks in Falun beginnt vor vielen, vielen Jahren mit Ziegenbock Kåre. Kåre war unterwegs in den Wäldern und Weiden rund Falun, damals im 6. Jahrhundert. Als er am Abend in seinen Stall zurückkehrte, wunderten sich die Bauersleute über seine roten Hörner. Tags darauf schlich der junge Bauer dem Ziegenbock hinterher und sah, wie Kåre seine Hörner in der roten Erde rieb. Als der Bauer die Erde genauer untersuchte, entdeckte er – so die Geschichte – das wohl größte Kupfervorkommen Schwedens.
Von den ersten Versuchen, Kupfer abzubauen, bis zur Blütezeit des Bergwerks Falun vergehen noch ein paar Jahre: im 17. Jahrhundert war die Grube die wichtigste Kupfermine der Welt. Rund zwei Drittel der weltweiten Kupferproduktion stammte seinerzeit aus Falun. Der Abbau wurde von den 1200 Bergarbeitern dabei ausschließlich Untertage betrieben – allerdings etwas planlos. Was zu zahlreichen Unfällen und Einstürzen in der langen Geschichte der Mine führte. Im Sommer 1687 gab das Wirrwarr an gegrabenen Tunneln schließlich nach, fiel in sich zusammen und ein imposanter 95 Meter tiefer Krater tat sich auf. Zu Schaden kam glücklicherweise niemand – das Unglück ereignete sich an Mittsommer; an dem Tag wird in Schweden traditionell gefeiert statt gearbeitet.
Heute ist der Krater – gut umzäunt und aus sicherer Entfernung – über einen kleinen Rundweg zu erkunden. Der Weg schlängelt sich dabei durch die bunte, vom Erz gefärbte Landschaft. Leuchtend rote Steinhügel neben kräftigen Gelbtönen und dabei immer wieder ein Blick in die Tiefe der Grube. Der Bergbau selbst ist seit Jahren hier eingestellt – 1992 fuhr die letzte Lore aus der Grube. Wirtschaftlich genutzt wird das Areal dennoch weiterhin: in der Grube werden die Pigmente für das weitaus bekannte Schwedenrot gewonnen. Hier werden der Erde die Pigmente entlockt, die später als rostrote Farbe auf den Hauswänden landet. Rot gestrichene Holzhäuser mit weißen Fensterrahmen und Ornamenten – sie sind das klassische Bild Schwedens, welches uns nun seit Tagen begleitet; und der Farbton hat hier in Falun seinen Ursprung. Schwedischer wird es heute nicht mehr.