Zugreise nach Helsinki: Pumps und Daune in St. Petersburg

22. September 2008
von
Lesezeit: 2 Minuten
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Obwohl wir erst um kurz nach sechs Uhr am Morgen in Sankt Petersburg ankommen sollen, ist bereits um fünf Uhr der ganze Zug auf den Beinen.
Die letzte Nacht habe ich – trotz der viel zu gut funktionierenden Heizung im Abteil – erstaunlich gut verbracht. Diesmal waren sogar ein paar Stunden Schlaf dabei. In aller Ruhe packen wir unsere Sachen und genießen den Ausblick auf die dunkle Stadt. Immer weiter rollen wir durch die grauen und tristen Vororte auf das Zentrum Sankt Petersburgs zu.

Als wir im Bahnhof Sankt Petersburg mit unseren Rucksäcken bepackt aussteigen, nimmt die lange Reise durch Deutschland, Polen, Belarus und Russland vorerst ein Ende. Die Sprach- und Verständigungsschwierigkeiten der vergangenen Tage haben uns einen unerwarteten Bekanntheitsgrad im Waggon eingebracht: als wir mit unseren Rucksäcken bepackt aussteigen, werden wir von allen Seiten verabschiedet. Die „Lehrerin“ wünscht uns eine gute Weiterreise. Der Zugbegleiter eine schöne Zeit in Sankt Petersburg und auch andere Fahrgäste rufen uns ein „Bye“ hinterher.

Das Erste was wir von Sankt Petersburg zu sehen bekommen ist die Metro. In „Pieter“, wie die Einheimischen ihre Stadt nennen, ist die U-Bahn tief unter den Häusern das schnellste Verkehrsmittel.
Die Häuser Sankt Petersburgs wurden großteils auf einer sumpfigen Erdschicht erbaut. In dieser Schicht war es aber lange Zeit nicht möglich Tunnels und Bahnsteige für die Metro zu schaffen. So führen unendlich scheinende Rolltreppenschächte tief in die Erde hinein. Das gesamte Metronetz – welches bereits 1955 in Betrieb genommen wurde – liegt unterhalb dieser sumpfigen Erdschicht. Teilweise in bis zu 100 Metern Tiefe schuf man pompöse Stationen: verkleidet mit weißem Marmor, Säulen, Stuckdecken und riesigen Leuchtern – so zeigt sich Sankt Petersburgs Untergrund.

Die 68 Kanäle zwischen den 44 Inseln, auf denen Sankt Petersburg erbaut wurde, ziehen sich wie die Arme einer Krake durch die Stadt. Unter Zar Peter wurde die Stadt am Reißbrett entworfen. Die Richtlinien, nach denen dies geschah, werden bis heute bei der Städteplanung berücksichtigt. Hochhäuser und kilometerlange Häuserschluchten findet man hier also nicht.

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Einer von vielen Kanälen in St. Petersburg

Auf der Haupt-Flaniermeile Newskij prospekt drängen sich die Menschen, fliegende Händler haben hier ihre Stände aufgebaut, dazwischen Bettler, Straßenmusiker, Porträtmaler. Ärmlich gekleidete Frauen, die Kleinhandel betreiben, neben bizarren Clubs, luxuriösen Restaurants und Edelboutiquen.

Die Zahl der Autos hat sich in den vergangenen Jahren verdreifacht und gegen Nachmittag entwickelt sich ein enormer Stau in allen Straßen und Gassen. Für mich als Fußgänger scheint sich auf den Straßen nur noch kaum etwas zu bewegen. Der Dunst der Abgase ist nun überall deutlich zu riechen.

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Auch das ist St. Petersburg: alte Autos und bröckelnde Fassaden

Sankt Petersburg ist wohl die europäischste Stadt Russlands – ein Blick in die Nebenstraßen zeigt jedoch auch einen tiefen Einblick in das russische Reich. Alte heruntergekommene Ladas neben neusten Mercedes-Kombis. Goldverzierte Paläste neben bröckelnden Häuserfassaden.

Überall sieht man deutlich, dass hier die junge Generation ihre Chancen nutzt. Eine völlig neue Schicht ist entstanden, die in den vergangenen Jahren Karriere gemacht hat: elitär, reich und selbstbewusst. Während ich mich in meiner funktional-wärmenden Winterkleidung durch das leichte Schneetreiben am Newskij prospekt kämpfe fällt mir auf, wie sich Russlands Neureichen heute geben: für die Dame heißt das dicker Schal (vorzugsweise aus Wolle), Daunenjacke, Handschuhe, Minirock, dünne Strumpfhose (aber nur wahlweise), Pumps. Männer geben sich mit dünnen Boss-Pullis und Benetton-Jeans zufrieden.  

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Bummel über die Flaniermeile St. Peterburgs: Newskij Prospekt

Der Besuch im Supermarkt neben unserem Hostel gibt einen kleinen Einblick in die Lebenshaltungskosten, die wohl nicht sonderlich günstig sind. Etwa ein drittel weniger als in Deutschland können sich hier nur wohlhabende Russen ihre Einkäufe leisten.
Einzige Ausnahme, die mir im Supermarkt ins Auge sticht als ich gerade eine Flasche Evian-Wasser (für 83 Rubel) bezahle: Die Vodka-Flasche hinter der Theke ist bereits für 96 Rubel zu haben. (Anmerkung: 100 Rubel = ca. 2,80 EUR)

Sebastian

Reise-Enthusiast. UX Professional. Vater.

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Auch wenn wir als gebürtige Franken das Reisen mehr lieben, als Sauerkraut - so beschreiben wir hier unsere Erlebnisse, wenn "Krauts Vermutlich vom Sauerkraut abgeleitet, das als typisch deutsches Nationalgericht angesehen wird, ist der Begriff Kraut im Englischen eine meist stereotypisierende Bezeichnung für einen Deutschen. " die Welt bereisen.

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