Früh am Morgen sind die meisten Wanderer in der Berghütte Tossals Verds bereits auf den Beinen. In der Hütte treffen klassischerweise die Nord- und Südgeher aufeinander. Während die Ersten sich schon Richtung Cuber und Soller aufmachen, wollen wir heute weiter in die Tramuntana hinein – das Kloster Lluc steht auf unserem Plan.
Der Hüttenwirt versorgt uns mit herzhaftem Jambon und einem herrlichen Manchego, starkem Kaffe und frisch gepresstem Orangensaft. So gestärkt genießen wir den Weg, der uns zunächst sanft über weichen Waldböden später über steinige, von Trockenmauern gestützte Wege hinauf zum Coll des Prat führt. Auf unser Wanderung soll dies der höchste Pass sein, den wir queren. Die Landschaft hier erinnert so gar nicht an Spanien. Wir fühlen uns in der schroffen Bergwelt, mit den wenigen windschief-gewachsenen Kiefern und unzähligen Steinmännchen mehr auf einer Alpenquerung als auf Mallorca. Nur das Glitzern des tiefblauen Mittelmeers hinter den schroffen Bergspitzen lässt erkennen, dass wir von alpenländischer Wanderei weit entfernt sind.
Die Überreste der Schneehäuser am Wegesrand zeigen uns aber, dass wir in diesen Höhen – unser GPS zeigt knapp über 1000 Höhenmeter – weit vom milden spanischen Wetter entfernt sind. In früheren Zeiten wurden die Cases de Neu mit Schnee gefüllt und dort zu Eis verdichtet. Mit Blättern, Schilf und allerlei Isoliermaterial abgedeckt, hielt die kühle Pracht somit bis in die Sommermonate und konnte Stück für Stück abgebaut und in Palma verkauft werden. Seit es auch auf Mallorca Kühl- und Gefrierschränke gibt, sind die Schneehäuser nur noch ein Relikt früherer Zeiten.
Zum Kloster Lluc geht es von nun an stetig bergab. Und je näher wir der Klosteranlage kommen, desto mehr kehren wir in die Zivilisation zurück. Die Wanderwege werden breiter, die Beschilderung ausführlicher und als uns die ersten Bus-Urlauber entgegenspazieren, wissen wir, dass wir unser Tagesziel bald erreicht haben.
Das Kloster Lluc – in der Klosterkirche befindet sich die berühmte schwarze Madonna – gilt as das spirituelle Zentrum der Insel. Die Lage und Bedeutung des Klosters machen es zum Ausflugsziel schlechthin. Mehrere duzend Reisebusse und unzählige Autos passieren wir, als wir über den riesigen Parkplatz auf die Klosteranlage zusteuern. Am Abend, nachdem wir unsere einfachen, aber gemütlichen Zimmer bezogen haben, geht es deutlich ruhiger zu in dem Wallfahrtsort. Wir streifen durch die weitläufige Klosteranlage, durch den historischen Laubengang, streifen ein paar Mönche dort in der Wallfahrtskirche dort betet noch ein Gläubiger, irgendwo läuten Kirchenglocken.