Schon in der Nacht auf dem Weg zum Toilettenhäuschen ist mir ein starker, kühler Nordwind um die Nase geweht. Nordwind im Süden Islands ist zwar ein kaltes, aber gutes Zeichen: er treibt die Wolken aufs Meer hinaus und hat oft herrlichen Sonnenschein zufolge. Als wir um kurz nach acht aufstehen, strahlt die Sonne von einem wolkenlosen blauen Himmel. Gleich frühstücken und hinaus ins schöne Wetter.
Der Weg nach Álftavatn führt uns relativ eben kilometerweit durch die schwarze Sandwüste Mælifellssandur. Ein Überbleibsel der Gletscher. Links und rechts der großen Ebene über die wir laufen ragen steile, begrünte Berge gen Himmel. Dazwischen geben die Berge hin und wieder einen Blick auf Gletscher und schneebedeckte Berge frei. Bei diesem Sonnenschein einfach herrlich. Unermüdlich schlängelt sich der Weg durch das unendliche Grau, vorbei an den saftig grünen Bergrücken. Die graue Ebene: eine schier unendliche Wüste aus Grau und Braun, dazwischen die knallgrünen Farbtupfer der Berge, darüber der unverschämt blau strahlende Himmel. Der Weg breit, eindeutig markiert und im Vergleich zu den Vortagen sogar schon fast langweilig. So zieht sich die heutige Etappe zwischen grau und grün heute etwas in die Länge. Der Wind bläst stramm von vorne und so stampfen wir voran, stets unserem Ziel entgegen.
Einzige Abwechslung zu dem anhaltenden dauergrau: Auf dem heutigen Programm stehen weitere drei Flüsse, die gefurtet werden wollen. Allesamt etwas mehr als knietief, aber mit wenig Strömung sehr gut zu bewältigen. Das eiskalte Gletscherwasser bleibt dennoch eine Erfrischung für die müden Wandersbeine.
Etwa 1 Stunde später erreichen wir die Hütte Álftavatn – unser heutiges Ziel. Die beiden Schlafhütten schmiegen sich nahe eines Seeufers an einen kleinen Berghang. Der stramme Nordwind des Tages ist inzwischen zum stattlichen Sturm herangewachsen. Das Abendessen gibt es daher in der gemütlichen Wärme der Wanderhütte: während das Hüttenthermometer gerade mal 1 Grad anzeigt, rüttelt der Sturm an dem Holz der Unterkunft.