Der Tag beginnt mit Anbruch der Morgendämmerung: um 06:00 Uhr klingelt unser Wecker, irgendwo im Zentrum der isländischen Hauptstadt Reykjavík. Ein schnelles Frühstück noch, bevor es mit dem Taxi zum Busterminal „BSI“ von wo aus unsere Reise ins isländische Hochland beginnt. Die isländische Landeshauptstadt schimmert verschlafen im goldenen Sonnenaufgang als der Bus über die Hringbraut die letzten Häuser hinter sich lässt – auf dem Weg zu meinem Startpunkt nach Skógar an der isländischen Südküste.
Die Fahrt dorthin könnte abwechslungsreicher kaum sein: die Einöde und der peitschende Regen kurz nach Reykjavik auf der Hellisheiði-Hochebene, das satte Grün und die weit leuchtenden Gewächshäuser in Hveragerði, das Glitzern des Wasserfalls Seljalandsfoss im Sonnenschein. Die wechselhafte Natur und das ebenso wechselhafte Wetter ziehen während der 3-stündigen Fahrt an der Scheibe des Linienbusses vorbei und wir erreichen kurz nach 11 Uhr Skógar bei herrlichstem Sonnenschein – schöner könnte ein Tourenstart nicht sein.
Die Route ins isländische Hochland startet gleich mit der ersten Anstrengung: über 382 Stufen schlängelt sich die Treppe neben dem malerischen Wasserfall Skógafoss hinauf. Über 60 Meter fällt das Wasser hier in die Tiefe – die Sonne zaubert kleine und große Regenbögen in die schäumende, rauschende Gischt. Der Sage nach hat Þrasi Þórólfsson, der erste Wikinger der Gegend, in der Höhle hinter dem Wasserfall eine Truhe mit einem Goldschatz versteckt. Wann immer jemand die Truhe gesehen hat ist sie verschwunden sobald man danach greifen wollte.
Der Rucksack mit seinem Gewicht zieht ordentlich nach hinten, so gönnen wir uns am Ende der Treppenstufen angekommen eine kleine Pause. Genieße den Ausblick über das Grün der Südküste während direkt neben mir imposante Wassermassen sich über die Kante in die Tiefe stürzen.
Von nun an führt der Weg mich immer weiter ins isländische Hochland hinein. Entlang der Skógá plätschern immer wieder kleine Wasserfälle über die Steinstufen, bizarre Felsformationen säumen den Wegesrand und die kleinen Nebenflüsse sind perfekt, um die Trinkflaschen aufzufüllen. Vorbei geht der Weg an vereinzelten Schafen, die uns verwundert anblicken, mit kuscheligem Moos überwachsenen Felsen und plätschernden Flüssen. Doch mit der Zeit verschwinden nach und nach die unterschiedlichen Grüntöne und eine karge, schwarz-weiße Eiswelt empfängt uns. Mit der Zeit verschwinden die letzten Farbtupfer in der Landschaft und die karge, schwarz-weiße Eiswelt empfängt uns. Die Vegetation wird nach und nach weniger, dafür finden wir uns in einem schier unendlichen, steinigen Landschaft verschiedener grau- und Schwarztöne wieder. Eine unheimliche Stille macht sich breit, durchbrochen von dem stetigen Klappern unserer Wanderstöcke und dem Knirschen des Kieses unter unseren Stiefeln.
Etwa 5 Stunden nach unserem Aufbruch in Skógar erreichen wir die Nothütte Baldvinsskáli und kurz darauf die letzte Herausforderung des Tages: vereinzelte Markierungen weisen den Weg über eine Gletscherzunge des Eyjafjallajökull.
Am Abend erreichen wir die Berghütte Fimmvörðuskáli – eine einfache, aber gemütliche Wanderunterkunft auf einem kleinen Bergrücken zwischen den Gletschern Eyjafjallajökull und Mýrdalsjökull. Auf 1100 Höhenmetern genießen wir die Hüttenromantik. Die Unterkunft selbst liegt inmitten einer kargen Landschaft, geprägt aus dem weiß der Eisfelder und den unterschiedlichsten Grautönen der felsigen Landschaft. Weiter unten, in Richtung Skógar und Küste, sieht man wie sich in das grau der Landschaft erste grüne Punkte mischen, während – fast schon am Horizont – das saftige Weidegrün der Südküste lockt.